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Alte Wege und Straßen

Erstmals in der Karolingerzeit (um 800 n.Chr.) wurden in Mitteleuropa planmäßige Fuhrwege ausgebaut. Bis ins l8. Jahrhundert waren selbst die bedeutendsten Heer- und Handelsstraßen nur unbefestigte Wege ohne künstlichen Belag. Sie mussten deshalb dort verlaufen, wo der Untergrund und die Bodengestalt dem Verkehr günstig waren. Die Höhenzüge waren für den Landverkehr günstiger als feuchte Täler, vor denen die alten Straßen scheu auswichen.

Die alten Wege verliefen daher stets auf den Hügel- und Bergrücken, am liebsten auf Wasserscheiden, da letztere wenig durch Quertäler unterbrochen waren, das Erdreich fester war, der Untergrund schneller abtrocknete und gute Fernsicht die Orientierung erleichterte.

Die "Hohe Straße" war die wichtigste Fernverkehrsstraße aus alter Zeit, die unser Gebiet berührte.

Das Wort "Hohe" ist hier wohl wie bei "Hohes Gericht" oder "Hohe Behörde" zu verstehen und besagt, dass es sich um eine dem König oder Fürst gehörige - eine Staatsstraße handelte.

Als Teil der "Egerer Straße" führte sie vom ehemaligen Königshof Hallstadt bei Bamberg heraus über Kaltenhausen, Seubersdorf, vorbei an Zultenberg, um nach dem Abstieg von der Albrandhöhe an Lindenberg, Peesten, Krumme Fohre und Windischenhaig vorbei das Rotmaintal etwa bei Dreschen zu überwinden und ihren Fernzielen, dem Egerergrund und dem sächsischen Land zuzusteuern.

Nicht immer sind die Spuren dieser Altstraße noch sicher zu erkennen, weil sie nur noch als gewöhnlicher Feld oder Waldweg zu finden sind oder Reuthaue und Pflug sie gänzlich zerstört haben.

Wenn man vom Kasendorfer Friedhof aus die Straße nach Lindenberg geht und vor Lindenberg die Höhe erreicht hat, überquert man unsere Altstraße.
In Richtung Zultenberg steigt die, seit ca. 8 Jahren geteerte "Heufuhre" in einem tiefen Hohlweg durch die Waldabteilung "Röthelgrube" steil bergan. Dieser alte Schluchtenweg, stellenweise 5 m tief in den Sandstein des Braunjura eingeschnitten, zeigt uns den Verlauf unserer Altstraße.

Da hier auf kürzester Strecke ein Höhenunterschied von 60 m zu überwinden ist, kann angenommen werden, dass das "castrum", die Burg der Rauschner zu Lindenberg, nicht nur der Sicherung und dem Schutz der Altstraße, sondern zugleich auch als Vorspannstation gedient haben wird, um den steilen Juraanstieg zu ermöglichen. Die mittelalterlichen Straßen waren nicht unbedingt darauf bedacht, die bequemste, in der Regel dann mit Umwegen verbundene Linienführung zu suchen, sondern gaben der kürzesten den Vorzug.

Wenn wir nun aus dem Bereich des Lias (schwarzen Jura) in ten Dogger (braunen Jura) emporgestiegen sind (seine durch Eisenoxyd rot gefärbten Tone wurden früher in der Röthelgrube als Farbstoff gewonnen!), verläuft die Altstraße noch ein Stück weit fast eben durch den Wald. Am Waldrand hört der sandige Braunjura plötzlich auf, und wir treten in den Bereich des Malms, des Weißen Juras. Wir haben nämlich die Weismainer Verwerfung überschritten, an der die nordöstliche Scholle so weit gehoben worden ist, dass der Dogger neben dem Malm liegt.

Auf gleichbleibender Höhe verläuft die Altstraße, nunmehr ohne Teerbelag, nahezu geradeaus weiter, um unmittelbar außerhalb des Waldstücks "Büsch" die jetzige Kreisstraße Kasendorf - Zultenberg - Weismain zu überqueren. Die Altstraße bildete hier vor der Gebietsreform die Grenze zwischen den Landkreisen Kulmbach und Lichtenfels. Sie verlief nun weiter über den Heidelknock, der an einigen Felsen kenntlich ist, und dann in einer Mulde auf Azendorf zu. Von ihm zweigt 650 m nördlich dieses Dorfes, bei einer großen Linde, ein Weg nach Westen ab, der südlich an Seubersdorf vorüberzieht. Vor dieser Ortschaft schied er einst die Markgrafschaft Kulmbach-Bayreuth vom Bistum Bamberg, war also später auch Konfessionsgrenze.

Von unserem Ausgangspunkt oberhalb Lindenberg finden wir auch in entgegengesetzter Richtung nach Peesten - Krumme Fohre zu die "Hohe Straße" in selten guter Erhaltung. Auf der in Zielrichtung verlaufenden Hanghöhe zwischen Lindenberg und dem "Heubscher Teich" strebt sie als Feldweg der Waldabteilung "Eichig" zu.

Nach dem Austritt aus dem Wald auf der "Höhe" südlich von Peesten führt sie mit der Flurnamenbezeichnung "Hohe Straße" in gerader Linie, teilweise eingeschnitten und von Hecken gesäumt, zum Sandsteinbruch in der Straßengabel Staatsstraße Kasendorf-Kulmbach/Abzweigung nach Peesten. Anschließend schneidet sie die heutige "Eselskurve" der Staatsstraße. In ihrem weiteren Verlauf bleibt sie am Südrand der Windischenhaiger Hölzer, zieht mit ganz geringen Steigungen und Gefällen an Kemeritz vorbei in Richtung Lanzenreuth/Dreschen, um dort den Roten Main zu überqueren und in Richtung Fichtelgebirge weiterzuführen.

Schon in den letzten mittelalterlichen Jahrhunderten war es auf der alten "Hohen Straße" still geworden. Ihre Mission war erfüllt! Wie es dazu kommen konnte und musste? Die Territorialienbildung jener Zeit mit ihren grundherrlichen Besitzveränderungen brachte Grenzen, deren Folgen zur Verlagerung der Geleitstraße Kulmbach-Bamberg in das aufstrebende burggräfliche Kasendorf führten. Die aus einem Ministerialiengeschlecht der Andechs-Meranier hervorgegangenen "Ritter Förtsch v. Menchau - später Thurnau" haben zu ihrer kleinen Herrschaft Thurnau das nördlich anschließende Waldgebiet (Mittelpunkt Peesten-Buchau) von den im Niedergang begriffenen Walpoten (Gewaltboten!) erworben und bereits vor 1308 ihrer Herrschaft zugeschlagen.

Wir wissen, dass diese Erwerbungen sowohl den Neid des Burggrafen von Nürnberg als auch der Bischöfe von Bamberg erregten. Da um diese Zeit die neue Straße Bamberg-Kulmbach über Kasendorf geführt wurde und zwangsläufig damit die über die Albhöhen aus Bamberg herangeführte "Hohe Straße" ver1egt und schon bei Kasendorf zu Tal geführt werden musste, konnte der Verfall unserer Altstraße nicht ausbleiben. Die Einrichtung der burggräflichen Geleite auf der neuen Straße über Kasendorf, nicht auf der alten Wegebahn an Lindenberg vorbei, lässt die Stillegung der "Hohen Straße" unschwer als "Trutzhandlung" des Burggrafen bzw. der nunmehrigen Markgrafschaft Plassenburg - Kulmbach erkennen.

Ab 1400 wird in Urkunden stets nur vom Geleitweg über Kasendorf gesprochen, so:

1408: Geleite über Casendorf, "das Gepirge bis gen zu dem Kreuz an der Kalten Herberg (heute Kaltenhausen) u. Welkendorf

1538: Am 1. Juli wurde in Forchheim in Sachen des Bischofs Wigandt zu Bamberg und dem Markgrafen vereinbart: "Das Geleit vom Kreutzbach durch den Ebermannstadter Grund auf der Ebermannstadter Straße bei Casendorf auf und ab, soll gemeinschaftlich, von Bamberg bis Casendorf Bambergisch, von Casendorf hingegen nach Kulmbach und Hof gemeinschaftlich seyn. Nimmt man aber von Hollfeld aus den Weg über Casendorf, so bleiben das Gelait gemeinschaftlich bis zur Marter ab Holfeld ab der Höhe beym Jungholz, und von da Brandenburgisch.

Der Verfall unserer Altstraße war übrigens keine Einzelerscheinung der damaligen Zeit, weil ab 1400 der wachsende Verkehr verbreiterte Straßen suchte. Für viele der von Karl. d. Großen angelegten Straßen ging der Charakter verloren und sie mussten verfallen.

Vermutlich wurde die Straße über Kasendorf damals sofort in der notwendigen Breite angelegt. Diese sog. "Alte Straße" führte, von Kulmbach kommend, an der Urpfarrei Melkendorf vorbei, über die bereits 1308 im Landbuch der Herrschaft Plassenburg erwähnt Rotmainbrücke, durch Krumme Fohre in gerader Linie über den Sandberg nach Kasendorf.

Die hinter Kasendorf beginnende Steigung des Jurasteilrandes überwand sie auf der südlichen (linken) Seite des Taleinschnittes rechts vor der Friesenquelle.
Erst zur Zeit Napoleons wurde am gegenüberliegenden Hang des "Reuther Berges" die unter dem Namen "Alter Berg" bekannte Straße angelegt. Die am Beginn des Taleinschnittes liegende Schluchtrinne wurde auf einer jetzt teilweise eingefallenen, aus Kalksteinen gewölbten Brücke überquert.

Die schmale, auf den Berg führende Hohlgasse war, um einen militärischen Ausdruck früherer Zeit zu gebrauchen, ein Defile. Als im siebenjährigen Krieg Prinz Heinrich von Preußen im Mai 1759 ins Maingebiet einfiel, zog eine seiner Heeresabteilungen unter General von Itzenplitz von Kulmbach und Kasendorf über das Gebirge. Die glückliche Überwindung des Defiles von Kasendorf wird auf einer zeitgenössischen Karte, die sich im Kulmbacher Stadtarchiv befindet, eigens erwähnt.

Nach dem Durchschreiten des Engpasses stellten sich die preußischen Truppen auf der Hochfläche zwischen Reuth und Welschenkahl in Schlachtordnung auf. Ihre Gegner, aus Kroaten bestehende Teile der Reichsarmee, hatten sich bis westlich Azendorf zurückgezogen und im Walde des Pfarrers ein Lager errichtet. Dabei richteten sie durch Fällen von schwächeren und Schälen von stärkeren Stämmen beträchtlichen Schaden an (Bericht im Kirchturmkopf von Azendorf).

Nach der Erreichung der Hochfläche gelangte man nach Azendorf und weiter über Scheßlitz nach Bamberg.

Der Kreuzstein bei Kasendorf

Der bereits stark angewitterte Kreuzstein steht am Wege von Kasendorf nach Heubsch in der Nähe des Bahnüberganges. Auf der 125 cm hohen und 75 cm breiten Sandsteinplatte erkennt man nur noch schwach das flache Relief eines Kreuzes.

Als Anlass für die Setzung des Steines kannte die mündliche Überlieferung drei verschiedene Möglichkeiten:

  1. In sehr früher Zeit fand hier eine Schlacht statt. Die Toten wurden hier begraben und man setzte den Stein aufs Grab (oder man errichtete den Kreuzstein zum Gedenken an die Schlacht).
  2. Als im Mittelalter Kasendorf Stadt war, wurden an dieser Stelle die Hexen verbrannt.
  3. Bis zum Kreuzstein soll früher die Grenze von Kasendorf gereicht haben.
    Urkundlich wird 1398 "ein Acker bei dem Kreuz" genannt, und 1401 heißt es "zu Heibisch (=Heubsch) bei dem Kreuz". Karl Dill meint, dass es sich bei dem genannten "Kreuz" um unseren Kreuzstein handeln könnte. Dieser stammt aus der Zeit vor 1100. Es ist zu vermuten, dass er als Sühnestein für eine hier verübte Bluttat gesetzt wurde.

(Aus dem Heimatbuch des Marktes Kasendorf)